

Sabine Geiger im Interview

Wie viele Fotoreisen begleiten Sie im Jahr?
Zwischen 4 und 6
Durch welche Destination reisen Sie besonders gerne und warum?
Da ist zum Beispiel Sumatra: Der feuchte Atem des Urwalds, das Knacken im Geäst, die Begegnung mit den Orang-Utans oder anderen im Dschungel lebenden Tieren – das ist für mich nicht nur eine Foto-Reise, sondern eine tiefe Rückkehr zur Ehrfurcht. Es ist schwer in Worte zu fassen, wie sich dieser Lebensraum anfühlt, wenn man bereit ist, sich darauf einzulassen. Ein Ort muss eine Seele haben. Er muss eine Einladung aussprechen – zur Verlangsamung, zum Lauschen, zum Entdecken. Ich suche nicht das Spektakuläre, sondern das Wahrhaftige.
Deshalb gibt es mehrere persönliche Favoriten: Schottland, Andalusien, die Bretagne, Mallorca oder die Nordsee, das Elsass … alles Orte mit Tiefe, mit Geschichten. Orte, die nicht laut sind, aber intensiv. Und vor allem: Orte, die uns wandeln können.
Meine Destinationen sind tatsächlich meine Sehnsuchtsorte. Dort kenne ich mich aus, dort habe ich ganz wunderbare Locations gesucht, gefunden und in die Touren eingearbeitet. Diese Orte habe ich nicht nur bereist – ich habe sie erlebt. Sie sind Teil meines inneren Atlas geworden. Für leidenschaftliche Fotografen perfekte Spots, besonders im Sinne des WELTBADEN.
Mit welcher Kamera und welchen Objektiven gehen Sie auf Reisen?
Das ist unterschiedlich - je nach Zielort. Ich bin jedoch von der NIKON-Fraktion und bin entsprechend ausgerüstet. Auf der Packliste steht:
Objektive:
NIKKOR Z 24–70mm f/2.8 S → vielseitig für Portraits, Tiere & Landschaft
NIKKOR Z 70–200mm f/2.8 VR S → perfekt für Tierfotografie auf Distanz
Optional: Weitwinkel (z. B. 14–30mm f/4) → für Panoramen
Akkus & Strom:
2–3 Ersatzakkus (EN-EL15c) – im Dschungel gibt’s keinen Strom
USB-C Powerbank mit PD → unterwegs aufladen (die Z6II kann über USB geladen werden)
Ladegerät mit Mehrfach-Slot
Speichermedien:
Schnelle XQD oder CFexpress-Karten
Backup-SD-Karten (für den zweiten Slot zur Sicherheit)
Kartenetui → wettergeschützt & stoßfest
Schutz & Reinigung:
Regenhülle oder DryBag für die Kamera
Mikrofasertücher & Blasebalg für Objektivreinigung
Sensorreinigungstool (falls du länger unterwegs bist)
Stabilisierung & Perspektive:
Reisestativ (leicht, robust)
GorillaPod – flexibel im dichten Gelände
Nice to have:
ND-Filter & Polfilter – kreative Kontrolle bei starkem Licht
UV-Filter – Schutz vor Ästen, Insekten & Nässe
Notebook und / oder SSD + Kartenleser – zum Backup der Fotos (sofern möglich)
Trockenkapseln/Silikagel – gegen Luftfeuchtigkeit im Fotorucksack
Kameragurt oder Gurt-System – bequem über Stunden
Handschlaufe oder Peak Design Clip – für schnelle Kameraaufnahme
Welches Zubehör haben Sie immer mit dabei?
Siehe oben in der Packliste
Gibt es einen fotografischen Tipp, den Sie auf jeder Reise vermitteln möchten?
Bei mir ist Fotografie kein Mittel zur Dokumentation, sondern ein Spiegel innerer Prozesse. Wir entschleunigen. Wir machen nicht „Bilder von“, wir „begegnen mit“. Das bedeutet: Wir lernen, die Kamera wie ein Instrument des Staunens zu benutzen. Wir arbeiten oft mit Pausen, mit Stille, auch mit Wahrnehmungsübungen. Viele Teilnehmer sagen am Ende: Ich habe nicht nur anders fotografiert – ich habe anders gelebt in diesen Tagen.
Das ist WELTBADEN: mit offenem Herzen und wachen Sinnen in die Welt eintauchen. Es ist eine Art Gegenentwurf zur konsumierenden Art des Reisens. Wir baden nicht im Außen, sondern in Tiefe – in Farben, Begegnungen, Momenten und Atmosphären. Weltbaden ist ein bewusster Akt des Daseins. Und wie beim Baden geht es auch hier ums Loslassen, ums Sich-treiben-Lassen, ums Wahrnehmen jenseits des Verstandes - um das Erlebte dann in Bildern darzustellen.
Fotografieren Sie lieber Sonnenaufgang oder Sonnenuntergang?
Beides: Unsere Tage während der Fototour sind rhythmisch, aber nicht starr. Morgendliche Impulse helfen, sich innerlich zu verorten. Ein fester und wohltuender Bestandteil ist auch das entspannte gemeinsame Frühstück – mit regionalen Produkten, nach Gusto. Je nach geplanter Fotolocation sind wir mal zum Sonnenaufgang unterwegs - oder kommen spätabends, nachdem das Licht verschwunden ist, zurück. Aber als Ausgleich gibt es immer genügend Zeit für eine Siesta oder andere Rückzugsmöglichkeiten.
Welches Essen vermissen Sie am meisten, wenn Sie unterwegs sind?
Keines. Abends kochen wir oft zusammen – aus Freude, aus Neugier, aus Genuss an den lokalen Spezialitäten. Denn auch Essen gehört zur Achtsamkeit: das bewusste Zubereiten, das Teilen, das gemeinsame Erleben. Danach kommen wir zusammen – zum „Fotoplausch“ - der Bildbesprechung und zum Erzählen und Austauschen. Dieser Wechsel von Introspektion und Gemeinschaft ist essenziell.
Wohin verreisen Sie privat am liebsten?
Nepal, Madagaskar, Costa Rica... oh jeh die Liste ist extrem lang. Das kann ich hier gar nicht alles aufzählen 😉
Gibt es ein Traumziel, das Sie unbedingt einmal besuchen möchten?
Auch da gibt es viele. Aber vielleicht steht die Osterinsel ganz oben in der Prioliste - oder vielleicht doch die Insel La Réunion...
Haben Sie ein Lieblingsfoto mit einer besonderen Geschichte?
Mitten im Dschungel, umgeben von dichtem Grün, feuchter Wärme und dem stetigen Murmeln des Lebens ringsum, geschieht etwas, das mein Herz für immer verändert hat. Ich bin in Tangkahan auf Sumatra - meinem Sehnsuchtsort. Schleicht durch das Dickicht. Und dann sehe ich sie. Oben im Geäst eines mächtigen Baumes sitzt sie — eine Orang-Utan-Dame. Ihr rotbraunes Fell schimmert im diffusen Licht, ihre Bewegungen sind bedächtig, fast ehrfürchtig. Unsere Blicke treffen sich, und ich spüre sofort: Das ist kein gewöhnlicher Moment.
Langsam, in einer anmutigen Stille, beginnt sie hinunterzuklettern. Mein Atem stockt. Jeder ihrer Schritte scheint von Bedeutung, als wüsste sie, dass auch für mich gerade die Welt den Atem anhält. Dann steht sie vor mir. Wirklich vor mir. Nicht weit entfernt, nicht durch ein Objektiv getrennt. Sie streckt ihre Hand aus – zögerlich, doch mit einer unerklärlichen Selbstverständlichkeit – und nimmt meine.
In dem Augenblick durchfährt mich ein Gefühl, das sich kaum in Worte fassen lässt. Ich traue mich fast nicht zu atmen. Habe Extremgänsehaut. Wie Strom, wie Licht, wie pure Ehrfurcht. Ich spüre ihre Wärme, ihre Zartheit, ihre Stärke – und ich weiß: Dies ist kein Zufall. Das ist Begegnung. Nicht zwischen Mensch und Tier.
Sondern zwischen zwei Seelen. Noch nie hatte ich mich dem Leben so nah gefühlt ...









